8 populäre Irrtümer zur Rente

Text: Magnus Brosig
Foto: Istock
15. März 2024

1. Die jungen Menschen müssen jetzt mehr Beiträge zahlen, damit die Renten für die Alten konstant bleiben!

Falsch! Geplant ist, dass die Renten dauerhaft stabil bleiben, gerade auch für die heute Beschäftigten. Natürlich kosten bessere Renten etwas mehr Geld, aber davon haben dann eben auch die Jungen etwas. Und: Ein Euro für die gesetzliche Rente bringt auch in Zeiten des demografischen Wandels viel mehr Gegenleistung als ein Euro für Riester-Rente & Co.!

2. Die Bundesregierung hat versprochen, das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2040 stabil zu halten. Das ist doch viel zu wenig.

Es stimmt: Das Rentenniveau ist in Deutschland zu niedrig. Es wird also ein zu geringer Teil vom vorherigen „Lebenslohn“ als Rente ausgezahlt. Für ein gutes Leben im Alter brauchen wir ein Rentenniveau von dauerhaft mindestens 50 Prozent – und außerdem ordentliche Betriebsrenten, die vor allem von den Arbeitgebern zu finanzieren sind. Andere Länder wie zum Beispiel Österreich oder die Niederlande zeigen, dass nachhaltig gute Renten sehr wohl möglich sind.

3. Die jüngeren Beschäftigten glauben nicht mehr, dass sie je eine nennenswerte gesetzliche Rente kriegen werden! Die müssen eh privat vorsorgen.

Wenn das Rentenniveau immer weiter sinkt, haben die Jüngeren tatsächlich nicht mehr viel zu erwarten. Deswegen brauchen wir für das Niveau unbedingt eine dauerhafte Untergrenze bei 48 Prozent. Besser mehr. Das ist auch im demografischen Wandel machbar, wie seriöse Rechnungen immer wieder zeigen. Wer behauptet, das System würde zusammenbrechen, erzählt Unsinn und hat vor allem eins im Sinn: höhere Gewinne für Arbeitgeber und bessere Marktchancen für Versicherungsunternehmen.

4. Die Rentenbeiträge steigen seit Jahren. Und die Sozialausgaben explodieren.

Das wird häufig behauptet, ist aber falsch: Der Rentenbeitragssatz ist in den letzten 15 Jahren sogar deutlich gesunken. In den kommenden Jahren bleibt er zunächst stabil und wird danach zwar steigen, aber in einem verkraftbaren Umfang. Und was die Sozialausgaben betrifft: Natürlich steigen sie, in Euro gemessen. Aber es steigen auch Wirtschaftskraft und Löhne, weshalb der Blick auf den „nackten Euro“ in die Irre führt. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sind die Sozialausgaben seit Jahrzehnten ziemlich stabil.

Zwei Senioren sitzen auf Holzbank und blicken in die Ferne.

Rente
Wann kann man in Rente gehen? Kann man auch später in Rente gehen? Kommt die Altersrente eigentlich automatisch? Der Weg in die Rente hängt von vielen Faktoren ab: Weitere wichtige Informationen, Besonderheiten und praktische Tipps rund um den gesetzlichen Rentenanspruch finden Sie hier.
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5. Beamte/-innen, Selbstständige und Politiker/-innen mit in die Rentenversicherung zu holen, rettet diese auch nicht.

Richtig ist: Wer heute Beamte/-innen in die Rentenversicherung holt, nimmt zwar weitere Beiträge ein, muss ihnen später aber auch eine Rente zahlen. Insofern „retten“ neue Einzahler/-innen langfristig nichts. Aber: Weitere Versicherte würden das Solidarsystem in den kommenden Jahren noch stabiler und gerechter machen, und genau in diesen Jahren wäre das wichtig. Und man darf nicht vergessen: Bei der Rente sind in allen vergleichbaren Ländern alle mit im selben Boot, was für große Akzeptanz in der Gesellschaft sorgt – nur Deutschland ist unbeirrt ein Geisterfahrer.

6. Diese neue Aktienrente macht alles noch unsicherer: Meine Rente hängt jetzt vom Aktienmarkt ab.

Das wäre wirklich schlecht, stimmt aber einfach nicht: Der gesetzliche Rentenanspruch hängt auch zukünftig allein von den erreichten Beitragsjahren und Löhnen ab. In das geplante aktienbasierte „Generationenkapital“ fließen erstens keine Beiträge, und zweitens entstehen daraus auch keine persönlichen Ansprüche. Es ist nur dafür da, der Rentenversicherung insgesamt weitere Einnahmen zu verschaffen, um die Renten zu bezahlen.

7. Weil es immer mehr alte und zu wenig junge Menschen gibt, bricht das staatliche Rentensystem irgendwann zusammen.

Das könnte theoretisch passieren – nur ist die Realität eine andere. Erstens sieht es bei der Demografie mittlerweile viel besser aus als noch vor einiger Zeit befürchtet. Zweitens kommt es nicht auf bloße Köpfe an, sondern auf Arbeitskräfte und Arbeitsumfang – und da liegt noch viel Potenzial, weil vor allem Frauen oft unfreiwillig in Minijobs, sonstiger Teilzeit oder gar nicht beschäftigt sind. Auch bei der Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten müssen und können wir häufig noch besser werden. Wichtig ist, alles dafür zu tun, dass sich möglichst viele Menschen in möglichst guter und sozialversicherter Arbeit befinden. Nach wie vor gilt der gute alte Spruch: „Die Rente ist sicher“ – wenn sich die Politik ernsthaft darum bemüht. Und ganz wichtig ist: Die Verschlechterungen im Rentensystem waren nicht alternativlos. Sie waren bewusste politische Entscheidungen und können, ja: sollten wieder zurückgenommen werden. Teilweise soll genau das jetzt durch das „Rentenpaket II“ passieren.

8. Weil die Menschen immer älter werden, muss jeder mindestens bis 67 arbeiten – und vor allem in den letzten Jahren vor der Rente möglichst viel verdienen.

Das sind gleich drei Mythen auf einen Schlag! Richtig ist: Erstens wurden wir zuletzt gar nicht immer älter, und auch in den nächsten Jahrzehnten kommen vermutlich nur wenig Lebensjahre dazu. Durch die auf 67 steigende Altersgrenze wird zukünftig kaum mehr Zeit in Rente verbracht als bisher, oft sogar weniger.
Zweitens muss auch in Zukunft nicht jeder bis 67 oder sogar länger arbeiten: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, kann ohne Abzüge mit 65 in Rente gehen, übrigens fast alle auf Wunsch auch schon mit 63 Jahren. Das allerdings mit ziemlichen Abzügen, die sich natürlich nicht jeder leisten kann. Politik und Arbeitgeber müssen auch deshalb alles dafür tun, dass Beschäftigte es in guter Arbeit bis zum Ruhestand schaffen.
Drittens kommt es bei der Rente nicht auf die letzten, sondern auf alle Jahre an. Ein höherer Lohn ist immer gut, aber das gilt für Arbeit mit 33 genauso wie für Arbeit mit 63. Und das heißt auch: Nur mit einem guten Job kurz vor der Rente kann man diese nicht retten – wichtig sind viele Jahrzehnte in ordentlicher Beschäftigung.

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Weitere Fragen und Antworten zum Thema Rente finden Sie auch bei der ►IG Metall. Dort geht es unter anderem um den Mythos „Das Rentenniveau zeigt, wie hoch meine Rente ist“ oder „Meine Rente ist steuerfrei“.